WG56 – Briefentwurf an Alma Mahler
Neubabelsberg, Samstag, 27. August 1910

   Ja , könnten
wir noch einmal dieses
Glück unserer Nächte ge-
nießen. Die neuen würden
noch viel schöner.

 Nach meinem letzten
Brief sind Dir nun
hoffe ich, die Zweifel gewichen
und Dir manche Herb-
heit klar geworden

 München

       Ausstellung +

       

Es muß ein Glück sein, Töne
so zu lesen, wie Worte. Ob ich das
wol einmal bei Dir lernen werde

 Heute Nachmittag spiele
ich den Sybariten. Requirent. Döse
mit Deinem Taschentuch.
\Wenn ich sie öffne umweht
mich Dein ganz Liebesweihrauch
unserer Himmelsnächte/

. es mutet schon
fast klassisch an, ist voll Melodie

 Ich zeige Dir ja nach Möglichkeit
immer nur die heiteren Stunden, warum
soll ich Dich mit den verzweiflungsvollen
krä quälen und Du weißt welche
Barometerschwankungen meine Natur
zu bestehen hat.

Es ist lieb von Dir daß \Du es so einrichtest/ [daß] ich Dir öfters
schreiben kann. Ich habe ja auch nur
Dich. Du kannst mit Deiner
reden
                                  [Zeichnung eines Kragen- bzw. Halsbandmusters]
Das Leid, das man im innersten
fühlt trägt man nicht auf der Zunge
Depeschenbote

           [Zeichnung eines Kragen- bzw. Halsbandmusters]

eine Seele ist die harrt
Deiner
eine Seele ist in die Du einge-
schlungen bist \unbefreibar/

[am linken Blattrand:]
Amerika?
es giebt nur eine Liebe.

       
Der Schluß entzückte mich
vollends und söhnt
mich mit aus den
ich bereits schon in Ver-
dacht der Gallischen
Frivolität hatte

________

 Ich gebe Dir mein Wort
eine solche Nacht würde
noch unvergleichlich schöner


Apparat

Überlieferung

, , , , .

Quellenbeschreibung

3 Bl. (4 b. S.) – Notizblock; zweites Blatt: obere Blatthälfte im Querformat.

Druck

Erstveröffentlichung.

Korrespondenzstellen

Antwort auf AM25 vom 24. August 1910 (Wenn ich doch nur einmal noch dieses Glück erleben dürfte, wie durch Dich – in unsern Nächten): Ja Alma, könnten wir noch einmal dieses Glück unserer Nächte genießen. Die neuen würden noch viel schöner.

Datierung

Aufgrund der Korrespondenzstelle ist dieser Entwurf als Antwort auf AM25 zu sehen, der zwar am 24. August 1910 geschrieben wurde, jedoch erst am 27. August in Berlin ankam. Da WG zu diesem Zeitpunkt länger auf Nachrichten AMs gewartet hatte, verfasste er diesen Entwurf wahrscheinlich umgehend ebenfalls am 27. August 1910, s. Datierung WG55.

Themenkommentar

Übertragung/Mitarbeit


(Bettina Schuster)


A

München – Uraufführung der von am 12. September 1910.

B

Ausstellung – möglicherweise die Ausstellung von Meisterwerken muhammedanischer Kunst, die im Herbst 1910 in München zu sehen war, s. den Brief an vom 22. Dezember 1910 (, S. 225).

C

München […] Reinhard – in Tinte verfasst.

D

Sybariten – altertümliches Wort für Genießer, Schwelger, Feinschmecker.

E

Requirent – altertümliches Wort für Untersuchender, Nachforscher.

F

Taschentuch – Liebespfand , vgl. WG38 vom 6. oder 7. August sowie WG39 vom 7. August 1910.

G

Requiem – s. WG55 vom 27. August 1910: Deutsches Requiem?

H

[Zeichnung] – Bei den beiden Zeichnungen handelt es sich um die Kragenmuster, die als weiteres Geburtstagsgeschenk zukommen ließ, s. AM27 vom 3. September 1910: Kragenideen.

I

\unbefreibar/ – Einfügung in Tinte.

J

Stendhal und vor allem sein Buch werden in der Folge immer wieder aufgegriffen, s. WG58 vom spätestens 31. August 1910 und WG62 vom 1. September 1910 sowie AM27 vom 3. September 1910.